Projekt "Unterrichts-Szenarien für die
neuen bayerischen Lehrpläne"
(von R.Roseeu)
Die Stofffülle
in den neuen Erdkunde-Lehrplänen (ab Sept.
2003) zwingt die Lehrer zum Umdenken. Warum? Engagierte
Lehrer aus verschiedenen Bundesländern hatten
auf einem Workshop am 25.3.2003 versucht, die eigentlich
notwendige
Zahl von Unterrichtsstunden für Erdkunde abzuschätzen,
wenn man den Lehrplan erfüllen möchte. Sie
kamen allein bei der 5.Jgst. auf Werte von ca.
200 Stunden pro Schuljahr, es stehen aber nur etwa 50
Stunden zur Verfügung.
Wie kann die Umsetzung
der geforderten Inhalte gelingen? Die allgemein
als sehr ökonomisch eingestufte Form des lehrerzentrierten
Unterrichts wird man als Lehrer zuerst ins Auge
fassen. Der erfahrene Lehrer
weiß aber, dass Konzepte der "Paukschule"
für die heutige Schülergeneration unverdaulich
sind. Oberflächliches Auswendiglernen kann
kein Heilmittel gegen die Informationsflut sein.
Die
Schüler wehren sich intuitiv gegen die Informationsflut,
sie haben bereits gelernt, sie erfolgreich abzuwehren.
Ihre Wahrnehmung ist heute deshalb sehr selektiv,
"null Bock" auf fast alles, was der Lehrer
laut Lehrplan anbieten muss. Der Lehrer kann bei
Verwendung traditioneller Unterrichtsformen zwar
alles als durchgenommen abhaken, der Lernerfolg
wird aber weiter sinken. TIMS- und PISA-Ergebnisse
würden sich so für Deutschland weiter verschärfen.
Alternative Ideen wie z.B. Projekte oder Freiarbeit verbieten
sich aber, wenn man die geforderte Stofffülle
des Lehrplans überdenkt.
Wie lässt
sich der Stoff reduzieren ohne ganze Lernbereiche
zu vernachlässigen? Wie kann ein Katalysator
aussehen, der hilft, wesentliche und unwesentliche
Lerninhalte zu trennen? (Den Lehrplanautoren
ist dies offensichtlich nicht gelungen, das muss
der Lehrer leisten.) "Wesentlich" betrifft
hier die Sichtweise der Jugendlichen,
die die Aufgabenflut bewältigen müssen.
Nur was man gerne lernt, wird auf längere Zeit
behalten.
Unsere Antwort: Altersgerechte
Unterrichts-Szenarien zusammen mit neuen Unterrichtsformen, -
in denen die Schüler Geschmack an den Lehrplaninhalten
finden können, - in denen die Schüler
auch fachübergreifend arbeiten können,
- in denen der Wissens- und Kompetenzgewinn
im Mittelpunkt steht und nicht die Anhäufung
von unverknüpften Informationen, - in denen
die Persönlichkeitsentfaltung einen hohen schulischen
Stellenwert hat, - in denen auch die übergeordneten
Ziele einer altersgerechten Umweltbildung einen
Platz finden (kommt im Lehrplan eigentlich nicht
vor), - in denen nachhaltiges Lernen ermöglicht
wird.
Zusammenfassend: Ein
Unterrichts-Szenarium ist -
ein Simulationsfeld betreffend die übergeordneten
pädagogischen und didaktischen Zielsetzungen (=
Kern des Szenariums), - eine zusätzliche
Sinngebung für den Unterricht, - eine
Metaebene zur Hilfe bei der Bewertung von "wichtig"
und "weniger wichtig", - ein realitätsbezogener
Impulsgeber für Lehrer und Schüler, -
ein integrierender Rahmen für unterschiedlichste
Unterrichtsmethoden (Projekte, Lernen an Stationen,
Gruppenunterricht, Lernen durch Lehren, ...) und
Arbeitstechniken (Lerntechniken und fachspezifische
Arbeitstechniken), - ein Anwendungsfeld für
die Arbeit mit den traditionellen und den neuen
Medien, - eine Brücke zur
Welt der Erwachsenen.
Unsere Vorstellungen
zu altersgerechten
Unterrichts-Szenarien nach Jahrgangsstufen (Gymnasium): 5.Jgst.:
Naturdetektive I (Beobachten im Naturlabor
in der Schulumgebung, Beschreiben, kleine Experimente,
die Beobachtung steht im Mittelpunkt, ...
) 6.Jgst.: Naturdetektive II (Beobachten
und Auswerten im Naturlabor in der Schulumgebung,
Sammeln und Ordnen, Mindmaps, Rollenspiele, die
Auswertung von Beobachtungen steht im Mittelpunkt,
... ) 7.Jgst.: Reisebüro (Informationsverarbeitung:
von der Recherche bis zur Präsentation der
Arbeitsergebnisse, die Recherche sowie die Arbeit
mit Bildern und Mindmaps steht im Mittelpunkt,
... ) 8.Jgst.: Journalistenschule (z.B.
Umweltreporter recherchieren und dokumentieren,
sprachliche Fertigkeiten stehen im Mittelpunkt,
... ) 9.Jgst.: Bürgerinitiativen
(z.B. Greenpeace: Netzwerke, Problemanalysen, soziale
Kompetenzen stehen im Mittelpunkt, ... )
Die Unterrichts-Szenarien
skizzieren die Arbeitswelt der Schüler für
ein ganzes Schuljahr. Es handelt sich also nicht
um ein Projekt im üblichen Sinn. Das notwendige
Verweilen bei einer Methode, Softwarenutzung, Arbeitstechnik
oder bei einem geographischen Inhalt muss im Sinne
nachhaltigen Lernens gewährleistet sein. Der
Erwerb von Kompetenzen braucht seine Zeit.
Experimente zu dieser
Thematik laufen am Gymnasium Gröbenzell seit
1983 (siehe Schriftenreihe Bayer.Schulgeograph von
1983). Insbesondere der 1-stündige Unterricht
war stets eine Herausforderung. Jetzt im 2.Halbjahr
2002/2003 setzen wir in einer 7.Klasse die Idee
"Reisebüro" nach dem alten Ek-Lehrplan
"Europa"
um. Die neuen schulischen Möglichkeiten am
Gymnasium Gröbenzell zur
Nutzung des Internet im Klassenzimmer (ab März
2003) setzten einen
neuen
Impuls. Das benutzte Konzept "Reisebüro"
lässt sich voll auf den neuen Ek-Lehrplan übertragen.
In der 7.Klasse wird dann statt Europa die Dritte
Welt (Tropen und Subtropen) behandelt. Weiter
zu unserem Erdkunde-Reisebüro
der 7.Klasse.
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