Die Karolingerzeit Benediktbeuern zählt seit der Karolingerzeit zu den wichtigsten
Klöstern Bayerns und des späteren Deutschlands. Von Anfang an hatte es
eine überregionale, europäische Bedeutung. Gegründet wurde das
Kloster 739 als Benediktinerstift. Die Gründer gehörten der Huosifamilie
an, die die Grundherrschaft über jenes Land im Kochelseebecken hatten, das
der Stiftung zugeführt wurde. Die ersten drei Äbte entstammten der
Huosifamilie: Abt Landfried, Abt Waldram und Abt Eliland. Vermutlich waren diese Brüder und haben
nacheinander das Kloster geleitet. Die Grafengewalt der Huosifamilie,
die die öffentlich-hoheitliche Staatsgewalt in Abhängigkeit von der
Merowinger- bzw. Karolinger-Herrschern verkörperte, ist von der
Stifterfamilie auf das neu gegründete Kloster übergegangen. Dieses war
damit ein typisches 'Eigenkloster' einer hochadeligen Stifterfamilie. Es
übernahm die politische Führung und die militärische Sicherung der
Fernstraßen vor dem Gebirge dieser Gegend wie auch der nahen Bergpässe im
Kesselberg- und Walchenseegebiet. Der Grundbesitz, zum Teil bis nach Tirol
reichend, und die staatliche Hoheit in dieser ganzen Gegend ergänzten sich
auf eine für diese Zeit typische Weise. Neben dem eigentlichen Kloster
Benediktbeuern, das in der Frühzeit 'Buron' hieß, war von Anfang an eine weltliche Siedlung vorhanden, in der
die Untertanen bzw. die Mitglieder der klösterlichen Familie wohnten. Sie
waren vom feudalen Grundherrn abhängig und bearbeiteten dessen
Ländereien. Östlich der Loisach zu den Berghängen hin betrieb die neue
klösterliche Stiftung Rodungsarbeit. Sie führte damit die grundlegende
Kulturarbeit fort, die rund 200 Jahre zuvor westlich der Loisach und des
Moores von den Bewohnern von Sindolvesdorf vollbracht worden war. Sehr
wahrscheinlich wurde das Kloster 'Buron' in jener Zeit schon mit der
Immunität ausgestattet, womit ein weitgehender rechtlich abgesicherter
Freiheitsstand gegenüber den weltlichen Königsbeamten verbunden
war. Nach der Ausschaltung des Stammesherzogtum in Bayern und der
Absetzung Tassilos III. durch Karl den Großen im Jahre 788 steigt die
strategisch-politische Bedeutung des Klosters als Eckpfeiler im
südbajuwarischen Gebiet und damit im Südosten des Frankenreiches. Im Jahre
817 wird Benediktbeuern zum Reichskloster. Es repräsentiert damit um so
mehr Eigenständigkeit und staatliche Hoheit.
Zerstörung durch die Ungarn Die
erste große Blütezeit der Klosters wurde durch die Säkularisationen
Herzogs Arnulfs beeinträchtigt und durch die Überfälle des ungarischen
Reiterheeres in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts abrupt zunichte
gemacht. In der Mitte dieses Jahrhunderts löste sich das
Benediktinerkloster auf. Bischof Ulrich von Augsburg half beim
Wiederaufbau der von den Ungarn schwer beschädigten Abteikirche 'Burons'
mit, weihte sie wieder und gründete ein Kanonikerstift.
Neubesiedlung durch Benediktiner Im Jahre 1031 wurde das Benediktinerkloster mit Zustimmung
Kaiser Konrads (1024 - 1039) erneuert und durch Benediktinermönche aus
Tegernsee besiedelt. An ihrer Spitze befand sich der Handschriftenkünstler
Ellinger, der die Observanz der benediktinischen Regel wieder einführte
und die Klosterschule neu gründete.
Unter fremden Herren Als
weltlich-geistliches Zentrum geriet das Kloster in den bitteren
Widerstreit von König und Papst, von Staat und Kirche. Im Jahre 1052
verlieh Kaiser Heinrich III. das Kloster dem Freisinger Bischof. Dieser
bestimmte damit das klösterliche und wirtschaftliche Leben. Der größte
Teil der Einkünfte des Klosters kam Freising zugute. Der Bischof setzte
Abt Megingoz ab und Ratmundus ein. Letzterer gilt jedoch als guter
Vorsteher. Unter ihm gestaltete Mönch Ulrich ein schönes Messbuch, das er
beim Grafen von Bozen gegen einen Weinberg in Südtirol tauschen konnte.
Allgemein bemühte man sich um geistige Bildung durch Studium der Sprachen
und der Geschichte. Die historia Langobardorum des Paulus Diaconus wurde
geschrieben. Im Jahre 1078 wurde Benediktbeuern von Heinrich IV. dem
Reich unterstellt, um gegen Ende des Jahrhunderts vom König an den Bischof
zu Trient vergeben zu werden. Nach dem Tode Heinrich IV. im Jahre 1106
erhielt es kurz die Freiheit, aber durch den neuen König Heinrich V. kam
es alsbald unter die Bitmäßigkeit des Augsburger Bischofs. Erst 1133
erlangte es seine frühere Eigenständigkeit bzw. Reichsfreiheit wieder. Die
mehrfache Abhängigkeit wirkte sich hemmend auf die Entwicklung aus. Doch
der vom Trienter Bischof eingesetzte Abt Konrad (1090 - 1122) bewährte
sich als tüchtiger Mann. Unter ihm kam es zu einer relativen Blüte in
geistiger Hinsicht. Die Zuspitzung der Spannungen zwischen Kaiser
Heinrich V. (1106 - 1125) und Papst Gelasius II. führte zur Vertreibung
des Abtes Konrad und zur Einkerkerung von zwei Mönchen des Benediktbeurer
Konvents. Nachdem zwei weitere Äbte dem Kloster aufgezwungen worden waren,
gelang es endlich unter König Lothar III. dem neuen Abt Engelschalk (1125
- 1138) im Jahre 1133 die alte Reichsfreiheit und auch einen Teil der
früheren Besitzungen zurückzugewinnen.
Neue Blütezeit in der Romantik Eine neue Blütezeit setzte erst unter Abt Walther (1138 - 1168)
ein. Das Kloster wurde renoviert und vom Augsburger Bischof am 22. Oktober
1143 geweiht. Das Goldschmiedehandwerk wurde praktiziert und ein
Malertrupp, vermutlich eine Wandergruppe, war angestellt. Man schrieb die
Geschichte des Klosters fort, der Grundbesitz wurde gesichert und das
'Traditionsbuch' begonnen. In der Klosterschreibschule entstanden neue
illuminierte Handschriften. Als Schreiber und Buchmaler zeichnete sich
damals Mönch Engelhart aus. All das bezeugt auch den Aufschwung der
Klosterschule. Ein Verzeichnis aus der Mitte des 13. Jahrhunderts weist
rund 250 Handschriften der Klosterbibliothek auf.
Verehrung der Märtyrin Anastasia und des hl. Benedikt Nachdem
im 11. Jahrhundert das Anastasiahaupt unter abenteuerlichen Umständen von
Verona nach Benediktbeuern gekommen war, entwickelte sich hier allmählich
ein Anastasiakult, der mehr und mehr der Verehrung des hl. Benedikt
Konkurrenz machte. In jenen Jahrzehnten vollzog sich der Namenswechsel
des Klosters in 'Benedictoburanum' bzw. Benediktbeuern. Es bedeutet:
Buron, das dem hl. Benedikt geweiht ist. Der höchste Berg in der Gegend
erhielt den Namen Benedikts.
Die Siedlungen im Klosterland Abt Walter ließ 1159 nach der im Gedächtnis erhalten
gebliebenen Heilquelle in Heilbrunn graben. Deren Wertschätzung wurde
immer größer. In der Nähe der Quelle entstand spätestens im 13.
Jahrhundert ein Gotteshaus. Der Ort Leingruben (damalige weltliche
Siedlung des Klosters und das heutige Benediktbeuern) ist so alt wie das
Kloster. In unmittelbarer Nähe zum Kloster entwickelte sich der Ort zu
einem Mittelpunkt für den Durchgangsverkehr, für Wirtschaft, Handel und
Gesellschaft, namentlich seit dem Bau der Kesselbergstraße im Jahre 1492.
Der Gasthof 'Zur Post' und sein Nachbar 'Zum Zwerger', die ehemalige
Pferdestallung, sowie der Kloster-Kramer spiegeln bis heute diese zentrale
Rolle wider. Kochel als Fischerort ist älter. Kochel hatte als
Fischerort immer schon eine besondere Bedeutung und gewann als
Anlegestation für die Schifffahrt zwischen Schlehdorf und Brunnenbach eine
zusätzlich Rolle. Die ersten Siedlungsspuren in Bichl gehen auch
in die Karolingerzeit zurück. Genannt wird der Ort aber erst im Jahre
1048. Mitten im Ort Bichl diente der charakteristische Hügel schon in der
Frühzeit als Dingstätte. In dieser Siedlung konzentrierten sich die
Bauhandwerker des Klosterlandes. Die Ziegelei hatte dort ihren Standort.
Nördlich vom Dorf an einem weiteren auffallenden Hügel wurde, wie auch an
einem Platz im Moor, der grüne Sandstein gebrochen. Von ihm ist das
'Benediktbeuerer Grün' abgeleitet. Die Gliederungselemente an den Fassaden
der barocken Klosteranlage sind nach ihm getönt. Sindelsdorf, westlich
der Loisach, gehörte teilweise zum Urbesitz des Klosters. Aber schon rund
180 Jahre vor der Gründung des Klosters war es ein herrschaftliches und
kulturelles Zentrum im Kochelseebecken.
Schwere Schicksalsschläge Im Sonderkrieg zwischen Herzog Otto
von Meran und dem bayerischen Herzog Otto entstanden im Klosterland durch
Überfälle und Zerstörungen große Schäden und akute Lebensmittelnot.
Wertvolle Güter mussten verkauft oder verpfändet werden, um die erpressten
Summen bezahlen zu können. Der bayerische Herzog Otto schickte 500
Bewaffnete ins Klosterland, die alle Vorratskeller leerten. Sie schonten
nicht einmal das Nonnenkloster in Benediktbeuern. Einen noch schwereren
Schaden verursachte der Großbrand im Jahre 1248, dem der Konventbau, die
Kirche mit vielen Kostbarkeiten, das Nonnenkloster und die
Larentiuskappelle zum Opfer fielen. Alle Kräfte wurden für den
Wiederaufbau eingesetzt. Andere Klöster halfen durch Spenden und durch
Ausleihen der wichtigsten Gebrauchsgegenstände. Am 4. Februar 1288 stürzte
das Gewölbe der Kirche überraschend ein. Erst 1291 konnte sie wieder
hergestellt und durch Bischof Wolfhart von Augsburg eingeweiht
werden.
Aufstieg des Klosters, dann Abhängigkeit vom Wittelsbachischen
Herzoghaus Abt Ortolf II. erhielt 1275
von König Rudolf von Habsburg die Erhebung in den Reichsfürstenstand und
1278 das Recht der vier Hofämter. Zwei Jahre später verlieh ihm der Pabst
das Pontifikalienrecht. Damit hatte das Kloster seinen höchsten
juristischen Stand erreicht. Bis in das Hochmittelalter waren die Führungspositionen des Kloster
Angehörige des Adels. Seit dem Spätmittelalter setzte sich das bürgerliche
und seit der Barockzeit das bäuerliche Element durch. Nachdem die
Wittelsbacher Ende der 13. Jahrhunderts im Vogteisamt die ausgestorbenen
Andechser geerbt hatten, ordneten sie sich die Benediktbeurer Abtei
stufenweise völlig unter. Mit Ludwig dem Bayern (1314 - 1437) verlor die
Abtei endgültig ihre Reichsunmittelbarkeit. Eine Urkunde von 1332
umschreibt die Rechte des Klosters. Diese bedeuteten insgesamt eine
wesentliche Minderung der früheren Rechtsstellung. Innerhalb der
Herzogtums Bayern konnte sich das 'Klostergericht' Benediktbeuern eine
relativ selbständige Stellung bis zur Säkularisation im Jahre 1803
bewahren.
Geistliche Erneuerung Im Laufe
des 15. Jahrhunderts kam es zu einer inneren Konsolidierung des Konvents,
obwohl der 1439 gewählte Abt Thomas schon nach einem Jahr Amtszeit wegen
geistiger Umnachtung abgesetzt werden musste. Bereits unter dessen
Vorgänger, Abt Gregorius, ging es aufwärts. Noch mehr aber unter seinem
Nachfolger Wilhelm Diepolzkirchner (1440 - 1480), der vom Konvent in
Tegernsee nach Benediktbeuern gerufen wurde. Während seiner langen
Amtszeit bildete sich in Benediktbeuern der Geist der 'Tegernseer Reform'
aus, der letztlich auf das Konzil von Basel- Ferrara-Florenz
zurückging.
Erneuter Großbrand der Klosters Eine schwere Katastrophe war der abermalige Großbrand im Jahre
1490. Die Flachsarbeiterinnen hatten den Ofen überheizt. Infolge des
starken Funkenregens fingen die Dachschindeln Feuer. Dieses griff so rasch
um sich, dass der Abt nur noch im letzten Augenblick gerettet werden
konnte. Innerhalb einer Stunde war die zentrale Anlage des Klosters mit
Konventbau und Kirche den Flammen zum Opfer gefallen. Noch im Jahre 1490
gelang es, die Lorenzkapelle nördlich der Kirche neu zu errichten. Für den
Wiederaufbau der anderen Gebäude mussten Grundstücke verkauft
werden.
Protestantische Reformen und der Bauernkrieg Während der protestantischen Reformen in
Deutschland gab es im Kloster Benediktbeuern keine Krise. Ein
Konventmitglied, der noch nicht die Priesterweihe empfangen hatte, verließ
jedoch die Gemeinschaft und trat ins neugläubige Lager über. Von
Wittenberg aus veröffentlichte er eine polemische Schrift, die später von
den Benediktbeurer Mönchen zurückgewiesen wurde. Die Bauernkriegunruhen
machten sich unter dem Einfluss der Aufständischen von Tirol auch im
Klosterland bemerkbar. Jedoch entstand keine Rebellion der Untertanen
gegen die Klosterführung.
Schicksale während des Dreißigjährigen Krieges Das erste Jahrzehnt des 'Dreißigjährigen Krieges'
erweis sich unter den positiven Auswirkungen des Sieges der katholischen
Truppen 1620 am Weißen Berg bei Prag auch im Klosterland als recht
günstig. Die spätgotische Abteikirche erfuhr eine Modernisierung im Stiel
der Spätrenaissance und des Frühbarock. Der negative Umschlag kam
erst, als es König Gustav Adolf von Schweden gelungen war, im Jahre 1632
nach München vorzustoßen. Anfang Mai 1632 überfielen schwedische Reiter
das Kloster und quälten Pater Simon Speer zu Tode. Sie töteten zwei
weitere Personen. Wenige Tage nach diesem Überfall formierten sich die
klostereigenen Schützen und das wehrhafte Bauerntum zur Verteidigung der
Heimat entland der Loisachlinie. Unterstützt von den Schützen und Bauern
aus dem Isarwinkel und Weyarn wehrten sie die feindlichen Truppen mit
Erfolg ab und hielten Wache bis zum Ende des Jahres 1633. Im Jahr
darauf wütete die Pest, der zwischen 50 und 60% der Bevölkerung und
Klosterland zum Opfer fiel.
Wirtschaft, Gesellschaft und Herrschaft in der
Barockzeit Im Jahre 1640 wurde die
Klosterbrauerei wieder aktiviert. Man hatte sie stillgelegt, weil früher
der Wein billiger war. Seit dem 13. Jahrhundert besaß Benediktbeuern das
Recht zu einer eigenen Brauerei. Als in der ersten Hälfe des 17.
Jahrhunderts eine herzogliche Landsteuer den Wein ziemlich verteuerte,
trat das Bier von neuem seinen Siegeszug an, zum Vorteil auch für die
Klosterwirtschaft. Den Nachbarn behagte diese Entwicklung nicht. Besonders
die Tölzer wandten sich gegen die Klosterbrauerei. Der zehnte Teil des
Gewinns aus der Brauerei ging an die Kranken im Klosterspital, das für das
Klostergebiet zuständig war. Im 17. Jahrhundert erhielten die Kranken
täglich zwei Konventbecher Bier. Eine dritte große Blütezeit des Klosters
setzte zwanzig Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg ein. Der
Wirtschaftsbetrieb im Kloster wurde in der Barockzeit vorbildlich geführt.
Die Abgaben der bäuerlichen Bewohner des Klosterlandes waren nicht
überhöht. Es kam gelegentlich aber auch zu Konflikten mit den abhängigen
Bauern. Wirtschaftliche Probleme und juristische Streitfälle waren
nicht typisch für eine Klosterherrschaft, sondern für eine Grundherrschaft
allgemein. In der Strafgerichtsbarkeit war die Klosterherrschaft wie jede
weltliche Herrschaft an das bayerische Landesstrafrecht gebunden. Der
Klosterrichter konnte keinesfalls willkürlich vorgehen. Zur Zeit des
Kurfürsten Maximilian I. urteilte die klösterliche Führung günstiger als
der bayerische Landesherr. Mit Ausnahme der Straffälle, die mit dem Tode
bestraft wurden, konnte der Klosterrichter von Benediktbeuern alles
aburteilen.
Kulturelle Hochblüte in der Barockzeit Von 1669 an begann mit dem Umbau des Konventvierecks die vierte
wichtige Bau- und Kulturepoche Benediktbeuerns - die barockzeitliche
Hochblüte. Die beiden oberen Stockwerke wurden im Stil der
Spätrenaissance und des Frühbarock ganz neu errichtet. Nach dem Neubau der
barocken Abteikirche 1681 - 1686 entstanden die repräsentativen Gebäude um
den weiten Westhof, der große vierflügelige Maierhof im Nordosten und die
separate Bibliothek im östlichen Konventgarten. 1751 - 1753 kam das
Rokokojuwel der Anastasiakapelle hinzu. Mit der zunehmenden Bautätigkeit
in der Barockzeit entwickelte sich im Klosterland eine breitgefächerte
Bauhandwerkerschicht und allgemein ein größerer Handwerkerbestand.
Unabhängig von der Landwirtschaft konnte dieser sich den Unterhalt
verdienen, was zu einem gesellschaftlichen Wandel der fast ausschließlich
bäuerlichen Bevölkerung führte. Es bildete sich ein eigener
Benediktbeurer Bautrupp. Zwar erlangte er nicht die Berühmtheit wie die
Wessobrunner Meister, aber seine umfangreiche Tätigkeit hat in den weiten
Klosteranlagen, in den Verwaltungsgebäuden im Ort
Laingruben/Benediktbeuern und in den Kirchen der Nachbargemeinden ihren deutlichen
Niederschlag gefunden. Vor allem zeichnete sich Michael Ötschmann, der in
Bichl wohnte, aber aus der Nähe des Staffelsees stammte, als Architekt
aus. Die Baumeister- und Stukkatorenfamilie Hainz von Bichl spielte eine
wichtige Rolle. Hans Hölbling vom gleichen Ort beschritt schließlich eine
glänzende Laufbahn als kaiserlicher Baumeister in Ungarn. Das Kloster
Benediktbeuern berief mehrere herausragende Künstler und förderte sie
dadurch gleichzeitig: Caspar Feichtmayr, Georg Asam, Johann Babtist
Zimmermann, Jakob Amigoni, Johann Michael Fischer, Johann Michael
Feuchtmayer sowie Johann Jakob Zeiller. Die Familie Asam verdankt der
Beauftragung zur Ausmalung der neuen Benediktbeurer Abteikirche ihren für
die Kunst Süddeutschlands so wichtigen Aufstieg. Während ihres
siebenjährigen Aufenthalts in Benediktbeuern wurde 1686 Cosmas Damian
Asam, ihr bedeutendster Künstlersohn geboren. Gleichzeitig steigerte
die Klosterschule ihren guten Ruf. Schon unter Abt Ludwig Pertzl (1548 -
1570) nahm das wissenschaftliche Leben einen neuen Aufschwung. Während des
Schwedenkrieges ging die Schule ein. Im Jahre 1699 wurde das Knabenseminar
neu eröffnet und von 1711 an der musikalischen Ausbildung wieder wie
früher vorrangige Aufmerksamkeit geschenkt. Die Schule reicht bis zur
Oberstufe des Gymnasiums. Auf des Spielen von Instrumenten und auf das
Singen legte man großen Wert. Es diente gleichzeitig festlicher
Liturgiegestaltung. Die barocke Musikliteratur Benediktbeuerns ist recht
umfangreich. Zu den Vorführungen, die schon damals im Barocksaal
stattfanden, kamen illustre Gäste aus nah und fern. In der Schule
lehrte man zunehmend auch die deutsche Sprache. Mathematik und
naturwissenschaftlich ausgerichtete Fächer hatten einen hohen Stellenwert.
Im Jahre 1787 waren es zusammen 42 Schüler. Sie kamen aus der näheren und
weiteren Umgebung des Klosters. Das Volksschulwesen erfuhr in der
Barockzeit und in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine
fortschreitende Verbesserung. Der aus Tölz stammende Abt Ammandus II.
Fritz (1784 - 1796) und der letzte Abt Karl Klockner (1796 - 1803) waren
Förderer der Schuljugend. Abt Ammandus II. Fritz verbesserte und
erweiterte die Schulhäuser in der Jachenau, in Kochel und in Laingruben.
Den Kindern aus armen Familien ließ er das Schulgeld nach und verschaffte
ihnen Kost und Kleidung. Das Commune Studium (Hochschulstudium) der
Benediktiner der Bayerischen Benediktinerkongegration war zweimal für
mehrer Jahre in Benediktbeuern untergebracht. Das Klosterarchiv wurde von
Pater Karl Meichelbeck mustergültig geordnet. Zwischen 1722 und 1725
entstand auf seine Anregung hin ein ganz neues Gebäude für die Bibliothek
und das Archiv. Kein geringerer als der berühmte Johann Babtist Zimmermann
schuf im Bibliotheksaal die hochwertige, typische Barockdecke mit
kunstvollem Stuck und farbenfrohen, inhaltsreichen Fresken. Pater Karl
Meichelbeck entwickelte als Archivar und Bibliothekar eine erstaunliche
Aktivität. Sein historisch-kritischer Sinn, sein Gedächtnis und sein
unermüdlicher Eifer ließen ihn zum besten Kenner der Quellen des Klosters
werden. Bischof Eckher von Freising holte ihn, damit er die Geschichte des
Bistums zur Tausendjahrfeier 1724 schreibe. In gleich vorbildlicher Weise
tat er dies für Benediktbeuern selbst. Das 'Chronicon Benedictoburanum'
ging aber erst nach seinem Tode in den Druck. Wirtschaftlich wurde in
dieser Zeit zwischen 'Eigenwirtschaft' und 'Rentenwirtschaft'
unterschieden. Unter Eigenwirtschaft fielen die Eigenbetriebe wie der
große Maierhof, Häusern und Straßberg in Benediktbeuern. Die Betriebe
unterstanden der direkten Verwaltung des Klosters mit zahlreichen
Angestellten und Bediensteten aus dem Ort Laingruben und der
Nachbarschaft. Diese versahen ihren Dienst in den unterschiedlichsten
Stellungen als Stallmeister, Stalljunge, als Meisterkoch und Gesindkoch,
als Küchenbub, Abwäscher, Gast- und Hausknecht, als Pfistermeister,
Pfisterknecht, als Müller und Kastenknecht. Fast alle Handwerker waren
innerhalb des klösterlichen Bezirks vertreten, so der Klosterschneider,
Schlosser, Klosterfischer, Hofschmied, Gartner und Wagner, der
Konventmesner, der Torwart und der Krautmeister. Es gab zwei Bader, zwei
Holzwarte und drei Klosterjager, einen Weinfuhrmann und mehrere
Fuhrknechte. Ferner gehörten dazu der Brotschneider, der Kammerer und der
Organist. Die Aufgaben waren stark differenziert, günstig zugeteilt und
der zeit entsprechend gut entlohnt. Die Rentenwirtschaft bezog sich auf
die ausgegebenen Bauernlehen innerhalb des klösterlichen Hoheitsgebietes.
Deren Besitzer waren wie fast überall nicht die Eigentümer der Hofgüter.
Sie erwarben sich aber die gewissenhafte
Bewirtschaftung und Nutzung im Laufe von Jahrzehnten und Jahrhunderten ein
moralisches Anteilsrecht. Auf eine rechtlich unterschiedliche Weise hatten
die Bauern die Höfe inne. Sie konnten keineswegs willkürlich abgestiftet
werden. Die Bauern befanden sich in günstigen wirtschaftlichen
Verhältnissen, auch wenn sie keine großen Gewinnen erzielen konnten. Über
lange Zeit hinweg bleiben die Abgaben gleich, auch in der Barockzeit
zwischen 1670 und 1750, wo das Kloster am meisten baute. Die Verwaltung
des klösterlichen Hoheitsgebietes, das zuletzt von Schönrain bis vor
Wallgau und von Sindelsdorf über Penzberg bis nach Stallau reichte, führte
im Namen des Abtes der weltliche, juristisch gebildete 'Klosterrichter'.
Sein Amtssitz was das Richterhaus, der heutige Pfarrhof in der Dorfmitte
von Benediktbeuern. Der 'Richter' hatte die zivile und polizeiliche
Vollmacht. Er war auch zuständig für die Strafverfolgung. Er verwaltete
die Stiftsgüter, die als Bauernlehen ausgegeben wurden und nahm die
Neuverstiftung vor. Bei ihm mussten die jährlichen Stiftsgelder
abgeliefert werden. Ihm oblag die militärische Führung der Schützen und
wehrhaften Bauern zur Verteidigung der Heimat in Zeiten der regionalen
Bedrängnis. Das Kloster übte für die Bevölkerung auch die Funktion
einer Bank oder Sparkasse aus. Es nahm Gelder entgegen und verzinste es
mit ca. 5%. Es gewährte auch Kredite zu einem niedrigen Zinssatz.
Auflösung des Klosters in der Säkularisation von 1803 Die große Säkularisation von 1803 brachte für das
Benediktinerkloster Benediktbeuern ein plötzliches und gewaltsames Ende.
Das Klosterland wurde gänzlich aufgelöst und auf die Landgerichte Weilheim
und Tölz verteilt. Vor allem gingen das höhere Schulwesen und die
wissenschaftlichen Einrichtungen mit einer hervorragenden Bibliothek
verloren. Die Klostergebäude blieben im wesentlichen erhalten. Doch die
Pfarrkirche, die im Friedhof stand, wurde abgerissen und die ehemalige
Klosterkirche zur neuen Pfarrkirche erklärt. Zwischen 1805 und 1818 war
der Hofrat und Unternehmer Josef Utzschneider Besitzer der Klostergebäude.
Zusammen mit Georg von Reichenbach und Josef Liebherr richtete er im
umgebauten früheren Waschhaus des Klosters Schmelzöfen für optisches Glas
und im Erdgeschoß des Fürstentrakts ein mathematisch-optisches Institut
zur Verarbeitung des Glases ein. Sein wichtigster Mitarbeiter wurde Joseph von Fraunhofer.
Dieser verbesserte die Schmelzöfen samt Rührvorrichtung. Aus den gewonnen
großen Glasbrocken mussten Linsen und Prismen für optische Geräte
geschliffen werden. Die geschah im mathematisch-optischen Institut. Mit
Fraunhofer entwickelte sich der neue Fabrikationsrot zu einer führenden
naturwissenschaftlichen Stätte, der bald Weltruhm zukommen sollte.
Fraunhofer gelang es, eine bis dahin nicht gekannte Glasqualität zu
erzeugen. Zusätzlich fertigte er Linsen in einer Größe und Durchmesser,
wie man sie bisher nirgendwo in der Welt besaß. Fraunhofer baute damit
optische Apparate für Wirtschaft und Wissenschaft, die in der ganzen Welt
führend waren. Bei seinen Untersuchungen über das Sonnenlicht entdeckte
er die nach ihm benannten 'Fraunhoferschen Linien', die den Annfang der
Spektralanalyse darstellen. Joseph von Fraunhofen rückte auf zum Direktor
des Instituts. Hohe Besuche kammen zu im nach Benediktbeuern; im Jahre
1815 sogar der russische Zar Alexander I. Fraunhofer wurde für seine
bahnbrechenden technischen und optischen Erfolge und seine Forschungen
über das Sonnenlicht von König Maximilian I. geadelt. Zwischen
1820 und 1930 befanden sich die Gebäude des Klosters im Besitz des
Bayerischen Staates. Er nutzte sie teils als Fohlenhof, teils als Kaserne
für aktive Soldaten. Im Jahre 1869 wurde ein Invalidenheim und ab 1905 ein
Genesungsheim für erkrankte Soldaten eingerichtet. Im Erdgeschoss des
Fürstentrakts war ein Gefängnis untergebracht. Die Strafgefangenen mussten
in der Landwirtschaft mitarbeiten.
Die Salesianer Don Boscos erwerben 1930 das Kloster
Benediktbeuern Im Jahre 1930 erwarben
die Salesianer Don Boscos das ehemalige Benediktinerkloster und richteten
eine philosophisch-theologische Hochschule für den eigenen geistlichen
Nachwuchs ein. Während der Nazizeit und in den Jahren des zweiten
Weltkrieges erfuhren die Salesianer Don Boscos in zunehmenden Maße schwere
Schikanen. Die Vorlesungen kamen fast zu Erliegen. 1941 belegte dann eine
Heersverwaltungsschule bzw. Zahlmeisterschule des Heeres den größten Teil
der Räume. Der militärische Leiter Dr. Josef Zink zeigte sich jedoch sehr
wohlwollend gegenüber den Salesianern, die in einem Teil des
Konventgebäudes bleiben durften. Dr. Zink ist es wohl zu verdanken, daß
SS-Truppen dem Kloster keinen weiteren Schaden zufügen konnten. In den
letzten Kriegsmonaten wurde noch ein Lazarett eingerichtet. Nach dem Krieg
entwickelte sich die philosophisch-theologische Hochschule immer besser.
Gleichzeitig war fast zwanzig Jahre ein Gymnasium in Kurzform für
Spätberufe eingerichtet. Ende der sechziger Jahre kam die höhere
Fachakademie für Sozialwesen hinzu, die 1971 in die Katholische
Stiftungsfachhochschule München, Abteilung Benediktbeuern, umgewandelt
wurde. Immer schon gab es die Don-Bosco-Jugendherberge und einen
Knabenhort für die Pfarrjugend. Seit Mitte der siebziger Jahre entwickelte
sich das Aktionszentrum zu einer vielbesuchten Jugendbildungsstätte.
Insgesamt stellt der Einzug der Salesianer Don Boscos in das Kloster
Benediktbeuern die geistig-geistliche Renaissance der traditionsreichen
Stätte dar. Die Restaurierung der weitläufigen und kunstvollen
Klosteranlage erwies sich als drängende und schwierige Aufgabe. Dank
öffentlicher Zuschüsse und großer Eigenleistungen der Salesianer Don
Boscos wurde schon ein großer Teil gesichert und restauriert.
Am 8. März 1979 vernichtete ein Großbrand
Gebäudeteile in der Nordwestecke. Die Rettung der wertvollen Kunsträume
ist der Feuerwehr von Benediktbeuern und Umgebung zu verdanken.
Die ehrwürdigen und kulturträchtigen Gebäude des Klosters
Benediktbeuern sind ein wesentlicher Teil der bayerischen
Kulturlandschaft. |