6.    Abschließende Bewertung des Projektes

Verschiedene Gründe führten dazu, dass die Durchführung des Projektes von der Planung abwich. Hier ist vor allem die mit dem fortschreitenden Unterricht sich zuspitzende Zeitproblematik zu nennen. Gerade in der Endphase des Schuljahres war der (Nachmittags-) Unterricht in verstärktem Maße von Unterrichtsausfall betroffen (mündliches Abitur, Personalversammlung, Notenkonferenz, Projekttag der SV; außerunterrichtliche Aktivitäten anderer Kurse, so dass häufiger Schüler fehlten), für den mit dem eigenen Projekttag vom 18.06. nur eine unzureichende Kompensation geschaffen werden konnte.

So konnten auch wichtige Planungselemente nicht realisiert werden. Das gilt besonders für das vorgesehene Planspiel zu Garzweiler, das inhaltlich noch einmal die Vielfalt der Interessen aller Beteiligten und Betroffenen, die bereits in der Arbeitsform ihren sichtbaren Ausdruck findet, verdeutlichen sollte. "Raum" sollte hierbei bewusst gemacht werden als Verfügungsraum sozialer Gruppen, die versuchen, ihre Interessen an der Raumnutzung gegen konkurrierende Ansprüche durchzusetzen. Diese sozialgeographische Sichtweise war der didaktische "rote Faden" der Unterrichtsreihe, ihr war an mehreren Stellen gezielt vorgearbeitet worden. Das Planspiel sollte die Konzeption noch einmal bündeln.

Darüber hinaus hatte der Wegfall des Planspiels eine weitere Konsequenz. Bereits mit der Vorexkursion verlagerte sich das Hauptinteresse regional auf den südlichen Teil des Rheinischen Braunkohlenreviers um den Tagebau Hambach. Das hatte sich bereits in der Stunde vom 23.05. abgezeichnet, als die Mehrzahl der Arbeitsgruppen sich für die Sophienhöhe entschieden hatte. Mit dem Verzicht auf das Planspiel zu Garzweiler entfiel auch eine sachliche Notwendigkeit, diesen Raum anzufahren, zumal die Vorexkursion gezeigt hatte, dass eine Befahrung eines größeren Teils des Reviers allein aus Zeitgründen scheitern musste.

Ein gewisser Ausgleich ergab sich dann aus der Notwendigkeit, die inhaltliche Vorbereitung der Exkursion in die eigenen Hände zu nehmen. Besonders die Umsiedlungsproblematik, mit der sich mehrere Gruppen beschäftigten, bzw. die Eindrücke aus Etzweiler, aber auch die ökologischen Fragen lenkten den Blick darauf, welches Gewicht die einzelnen Interessen in den (politischen) Entscheidungen zum Braunkohlenabbau haben. Das wurde vor allem in dem vorgestellten Verfahren deutlich, in dem die Wünsche der Betroffenen zwar bei der praktischen Durchführung etwa der Umsiedlung berücksichtigt werden, die direkt Betroffenen jedoch bei der Grundsatzentscheidung, ob in einem bestimmten Gebiet abgebaut wird, wenig Einflussmöglichkeiten haben.

Die sozialgeographische Anlage des Unterricht war verknüpft mit einem problemorientierten Vorgehen. Die Problemorientierung des Themas drängte sich für die Schülerinnen und Schüler bereits in der Einstiegsphase auf. Eine Frage, die an verschiedenen Stellen der Reihe bzw. der Exkursion immer wieder auftauchte, war, wie Braunkohle z.B. bei den riesigen Dimensionen der Tagebaue oder bei den Kosten für die Umsiedlung gewinnbringend gefördert werden kann. Es war im Rahmen der Konzeption ohne weiteres möglich, physisch-geographische Sachverhalte wie die Geologie der Braunkohle (Entstehung, Lagerungsverhältnisse) in eine sozialgeographische Konzeption problemorientiert zu integrieren

Die angedeutete didaktische Konzeption verbietet es, Zeit in der Weise einzusparen, dass die inhaltliche Breite des Projektes bzw. der Unterrichtsreihe allzu sehr eingeengt wird: statt z.B. Berücksichtigung der sozialen, ökologischen wirtschafts- und energiepolitischen Dimensionen aus Zeitgründen eine einseitige Konzentration auf die ökologische Problematik des Braunkohlentagebaus, die ja durchaus einen kritischen Umgang mit der Thematik eröffnet. Eine solche Reduktion ist insofern problematisch, als die Vielschichtigkeit des Braunkohlentagebaus aus dem Blickfeld geraten kann. Es ist leichter, den Tagebau oder auch einzelne Maßnahmen eindimensional an Hand ökologischer Maßstäbe zu bewerten, als in Annäherung an die politische und gesellschaftliche Realität „Äpfel mit Birnen zu vergleichen“, d.h. ökologische, wirtschaftliche und soziale usw. Aspekte zu gewichten und aus dieser Gewichtung, die jeder für sich vornehmen muss, weil es keinen allgemein verbindlichen Maßstab gibt, eine (politische) Entscheidung abzuleiten.

Für die inhaltliche Breite des Projekts sprechen darüber hinaus Beobachtungen aus der Unterrichtspraxis. Sie ist zunächst einmal das Ergebnis der Strukturierung des Themas durch die Arbeitsgruppe (s.o. 1.3). Darüber hinaus war sie offensichtlich eine Bedingung für eine größere Selbständigkeit der Schülerinnen und Schüler, die es ihnen erleichterte, Leitfragen zu formulieren und so einen inhaltlichen Rahmen zu setzen, in dem sie noch bis in die Bildanalyse ihre Arbeitsschritte bzw. Ergebnisse relativ eigenständig auf die übergeordneten Fragestellungen beziehen konnten.

Unter Berücksichtigung der gemachten Erfahrungen erscheint es sinnvoll, solche Bezüge zu übergeordneten Fragestellungen wiederholt ins Bewusstsein zu rufen (s. z.B. 2.6.,5.2.). Ein einmalig abgesteckter Problemrahmen, wie er z.B. mit der Strukturskizze aus der Anfangsphase vorliegt (s.o. 2.3.), reicht nicht aus.

Die inhaltliche Breite in der Anlage des Projekts war natürlich auch der besonderen Situation des 12er-Kurses geschuldet. Bei der Wahl der zu behandelnden Aspekte und Problemstellungen waren die Anforderungen des Abiturs zu berücksichtigen. Verknüpfungen mit den Fragestellungen und Inhalten der übrigen Halbjahre müssen möglich sein, wenn das Projekt in die schriftliche oder mündliche Reifeprüfung eingehen soll.

Der eigentliche Schwerpunkt des Projekts waren die Einsatzmöglichkeiten von Satellitenbildern. Inhaltlich wurde von uns dabei eine ökologische Problematik in den Vordergrund gestellt. Was leisten Satellitenbilder für die ökologische Analyse und Bewertung des Braunkohlentagebaus war die grundlegende Frage, die wir beantworten wollten. Dabei stellte sich sehr rasch in der Unterrichtspraxis eine inhaltliche Beschränkung auf die Rekultivierung ein. Dies war aus Gründen der Zeitökonomie unumgänglich. So hatten wir bereits bei der Planung z.B. der ökologischen Thematik den wichtigen Aspekt der Grundwasserabsenkung ausgespart.

Auf der methodischen Ebene war das Ziel die Erweiterung der Medienkompetenz durch die Arbeit mit dem für die meisten Schülerinnen und Schüler neuen Medium. Grundeinsichten in die Funktionsweise der Satellitenfernerkundung wurden in die praktische Arbeit mit den Bildern einbezogen. Die Einführung in die Software und in die technischen Möglichkeiten der Bildauswertung (multispektrale Analyse, NDVI, Klassifikationen) war unterbrochen von Phasen des Ausprobierens, Fragens, Übens und der eigenständigen Anwendung des Gelernten durch die Kursteilnehmer. Insgesamt waren eine im Vergleich zum vorhergehenden Unterricht höhere Motivation und ein größeres Engagement zu beobachten. Die Gründe dafür dürften in der Methode des forschenden Lernens an Primärmaterial zu suchen sein, durch das die Ergebnisse nicht im Nachvollzug gewonnen werden, sondern auf der Basis eigener Überlegungen zu den Möglichkeiten der Satellitenbildanalyse. Dass dabei die Schülerinnen und Schüler sehr häufig auch an die Grenzen des Mediums stießen, ist einerseits ein weiteres positives Ergebnis des Projekts im Sinne des Lernziels "Erweiterung der Medienkompetenz". Andererseits ist nicht zufrieden stellend , dass Ergebnisse teilweise nur als sehr allgemeine Aussage formuliert werden konnten. Hier wird ein grundsätzliches Problem deutlich, das aus der erstmaligen intensiven Beschäftigung mit Satellitenbildern im Unterricht resultiert. Eine weitere Ursache ist in einem Planungsdefizit zu suchen. Ergebnisse mussten auch deshalb allgemein bleiben, weil zu ihrer Konkretisierung ein weiterer Lokaltermin notwendig gewesen wäre. Zusätzlich zu einer Vorexkursion wäre eine Nachexkursion der kleinen Arbeitsgruppe nach dem Projekttag sinnvoll gewesen, um die aus der intensiven Beschäftigung mit den Satellitenbildern gewonnenen Ergebnisse und offenen Fragen noch einmal vor Ort zu überprüfen und abschließend zu interpretieren. Dafür gab es am Ende des Schuljahres keine Möglichkeit mehr.

In diesem Bericht wird das Unterrichtsvorhaben durchgängig als Projekt bezeichnet. Realistischer wäre es, von einer Unterrichtsreihe mit projektartigen Elementen zu sprechen. Beleg dafür sind die Phasen, in denen die Schülerinnen und Schüler sowohl bei der Planung als auch in der Durchführung des Unterrichts ein hohes Maß an Selbständigkeit entfalten konnten. Projektcharakter gewann die Unterrichtsreihe phasenweise noch in anderer Hinsicht. Vor allem in der Arbeit mit den Satellitenbildern veränderte sich die Rolle des Kursleiters. Das lag zum einen an der Rolle der Experten, die von ihren Mitschülern voll akzeptiert wurden und die den Lehrer in den Hintergrund treten ließen. Aber auch in der Zusammenarbeit mit den einzelnen Arbeitsgruppen war er gleichwertiger Gesprächspartner, der ebenso wie alle anderen Kursteilnehmer im Diskurs versuchte, in der Sache weiterzukommen und Antworten auf gestellte Fragen zu erhalten.

 

7.    Nachwort

Dieser Bericht entstand in einer intensiven Zusammenarbeit zwischen dem Kursleiter und Markus Heinemann, der den Bericht wie die zugehörige Dokumentation ins Internet gestellt hat. Darüber hinaus hat er die Ergebnisprotokolle der Arbeitsgruppen zu den Satellitenbildern ausgewertet und die schriftlichen Vorlagen für die Kapitel 2.2., 3.1., 3.2., 5.1 und 5.2. ganz oder teilweise geliefert. Die Kapitel 1.1.-1.4., 2.1., 3.3., 4., 6. und 7. stammen von Dieter Schütz und wurden von Markus gegengelesen.

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