2. Durchführung des Projektes 2.1 Einstieg in die Problematik Der Einstieg sollte die Lerngruppe unmittelbar in zentrale Problemdimensionen des Themas einführen, die von der Lerngruppe erkannt und in eine inhaltliche Strukturierung des weiteren Vorgehens umgesetzt werden sollten. Andererseits war zu bedenken, dass die SchülerInnen noch nie einen Braunkohlentagebau gesehen hatten, sodass der Einstieg in das Thema als weitere notwendige Bedingung eine gewisse Anschaulichkeit vermitteln musste. Die skizzierte doppelte Funktion des Einstiegs sollte durch eine Kombination von Dias vorwiegend aus dem Tagebau Hambach und einem Zeitungstext geleistet werden. Ein aktuelles Ereignis führte zu einer Abweichung von dieser Planung. Im Februar wurden, von Berichten in den Massenmedien ausführlich begleitet, zwei Bagger zwischen den Tagebauen Hambach und Garzweiler umgesetzt. Über dieses Ereignis hatte Markus Heinemann einen Film aufgezeichnet, der nun für den Unterricht zur Verfügung stand. Für den Film sprach, dass er inhaltlich mehr Problemebenen berührte als die vorgesehenen Dias. Zudem konnte von ihm eine größere motivierende Wirkung erwartet werden. Ablauf und Ergebnisse der Stunde:
Film von Spiegel-TV extra, 22.02.2001, ca. 35 Min. (gekürzt)
Ergebnisse
2.2 Einführung in die Satellitenbildbetrachtung In dieser Doppelstunde war der Fachlehrer wegen einer anderen dienstlichen Verpflichtung nicht anwesend. Abgesprochen war mit der Arbeitsgruppe, dass Markus Heinemann und Daniel Müller eine erste Einführung in die Betrachtung von Satellitenbildern vornehmen sollten. Naheliegend schien, den Zugang in das neue Medium von einer bekannten Grundlage aus zu eröffnen. Zur Diskussion stand, diese erste Begegnung mit Satellitenbildern aus dem Raum Herborn durchzuführen, um die Ortskenntnis der Schüler zu nutzen und ihnen so eine Chance zu geben, zunächst einmal einzelne Objekte und damit auch sukzessiv die Abbildungsmethoden der Satellitenbilder kennen zu lernen. Wir entschieden uns dann aus Gründen der Zeitökonomie für einen Vergleich Karte - Satellitenbild des eigentlichen Untersuchungsgebietes, um auch gleichzeitig eine erste Beschäftigung mit der Topographie des Rheinischen Braunkohlenreviers herbeizuführen.Für den Vergleich benutzt wurde die Karte "Zwischen Rhein und Eifel" (1:100.000), die auf Grund einer geringeren Informationsdichte von Vorteil schien gegenüber der topographischen Karte 1:25.000 und damit zunächst einmal den Blick auf die großen, leichter erkennbaren Objekte lenken konnte. Zu einer genaueren Detailbetrachtung wurden dann auch noch die Blätter der topographischen Karte 1:25.000 ausgegeben. Für die Einführung in die Satellitenbildbetrachtung hatten M. Heinemann/D. Müller Arbeitsaufträge formuliert:
Von der Stunde wurde ein Ergebnisprotokoll angefertigt, das der Kursleiter erhielt. Die SchülerInnen differenzieren ihre Ergebnisse nach den benutzten Kanälen. Gut erkannt wurden mit Kanal 4 die Sophienhöhe, Straßen und Vegetationsgrenzen. Mit Kanal 5 wurden einzelne Landschaftselemente (Felder, Hügel) ausgemacht sowie eine Musterung im Waldgebiet östlich vom Tagebau Hambach, die mit Hilfe der topographischen Karte 1:25000 als verschiedene Baumarten (Nadelwald/Laubwald) gedeutet werden konnten. Die Landschaftsveränderungen zwischen 1984 und 1995 wurden u.a. mit Kanal 3 herausgearbeitet: 1984 war der Tagbau Hambach kleiner, der Tagebau Bedburg noch aktiv, der Staatsforst weitgehend unberührt, die Autobahn noch nicht fertig gestellt. 1995 waren größere Rekultivierungsflächen zu erkennen. Als schwierig erwies sich für die SchülerInnen zunächst die Orientierung auf dem Satellitenbild, die erst mit Hilfe der Karte geleistet werden konnte. Den Einstieg über die zu einem Farbbild kombinierten Graubildaufnahmen fanden die SchülerInnen gut, da sie Ähnlichkeiten mit einem Luftbild/Foto aufwies.
2.3 Problemdimensionen des Braunkohlentagebaus Die Stunde am 7. März fiel einer Gesamtkonferenz zum Opfer, sodass in dieser Stunde an die Einstiegsstunde vom 28. Februar angeknüpft werden sollte. Als Bindeglied fungierten die in der Hausaufgabe gezeichneten Strukturskizzen zu den Problemdimensionen des Braunkohlentagebaus. Hier wurde ein Beispiel vorgestellt und im Unterrichtsgespräch weiter entwickelt. Die folgende graphische Darstellung der Problemdimensionen des Braunkohlentagebaus basiert auf der Strukturskizze von Jan Kopfer (hier klicken). Sie wurde durch den Vergleich mit anderen Skizzen leicht abgewandelt und in einzelnen Punkten ergänzt. Mit der Frage, inwieweit der Braunkohlentagebau von der Bevölkerung und den politischen Entscheidungsträgern akzeptiert oder abgelehnt wird, waren bereits auch die politischen Konfliktlinien ins Blickfeld gerückt, die zu einem späteren Zeitpunkt konkretisiert und bewertet werden sollen.
Die ursprünglich für den Einstieg vorgesehenen Dias bildeten die Grundlage der inhaltlichen Weiterführung. Sie zeigten den Tagebau Hambach "von innen", eine Perspektive, die der Film nur in kurzen Einstellungen gestreift hatte: das Ineinandergreifen von Ausbaggern und Absetzen und die daraus resultierende "Wanderung" des Tagebaus. Ziel war, das technische Funktionieren des Tagebaus zu zeigen. Abgesichert wurde dieser Schritt durch die nachträgliche Ausgabe des Arbeitsblattes "Schematische Darstellung einer Tagebauentwicklung" (E. Klahsen/N. v.d. Ruhren: "Das Rheinische Braunkohlenrevier"; Mat. 2, 1986 Nr. 9) an die SchülerInnen. Aufgrund der Schülerfragen zu den Dias bietet sich als mögliche Alternative an, zunächst mit dem Arbeitsblatt zu beginnen. Die Dias können dann nachträglich gezeigt werden mit dem Arbeitsauftrag, sie in der Skizze zu lokalisieren.
Thema der Sequenz war die Geologie der Braunkohle. Als Einstieg wurden Bilder (s.o.) noch einmal unter der neuen Aufgabenstellung betrachtet, Beobachtungen zu geologisch relevanten Sachverhalten auf den Bildern zu machen, diese - wenn möglich - zu erklären bzw. Erklärungshypothesen aufzustellen und weiterführende Fragen zu stellen. Die SchülerInnen formulierten eine Reihe von Fragen, die zwei großen Fragekomplexen zugeordnet werden konnten: I.
Schichtung des Tagebaurandes II.
Braunkohle Die Fragen führen über das engere Thema Geologie hinaus. Die weiterführenden Aspekte werden in der Planung der folgenden Schritte berücksichtigt. Die praktische Beantwortung der gestellten Fragen erfolgte in mehreren Schritten, zu denen jeweils spezifische Materialien eingesetzt wurden. Zunächst wurde den Fragen nachgegangen, die auf geologische Sachverhalte zielten. Einen ersten Überblick mit Erklärungen zu einem Teil der Fragen gab die Broschüre "Die Entstehung der niederrheinischen Braunkohle"; Hrsg. Rheinbraun AG 5.Aufl. Köln 1989. Entsprechend dem Titel des Arbeitsmaterials stand zunächst die Frage nach der Entstehung der Braunkohle im Vordergrund. Hierzu wurden die Gründe aus dem Text entnommen:
Damit war bereits in erster Annäherung eine Reihe von Fragen beantwortet. Die hier anzuführenden geologischen Prozesse wurden mit Hilfe weiterer Materialien konkretisiert.
Das Arbeitsblatt "Geologisches Profil der Niederrheinischen Bucht" (E. Klahsen/N.v.d. Ruhren, Das Rheinische Braunkohlenrevier; Materialien 2, 1986, Nr. 14) verdeutlicht die Lagerungsverhältnisse der Braunkohle, nachdem die Niederrheinische Bucht im Pliozän in einzelne Schollen zerbrochen war. Aus dem Profil beantwortet werden kann die Frage, wie (und wo) man auf die Braunkohle stieß. Die Anfänge liegen in der Ville, wo die Braunkohle durch vertikale Bewegungen in die Nähe der Oberfläche gehoben wurde. Gleichzeitig werden auch ökonomische Gesichtspunkte deutlich. Ein Abbau ist nur bei den mächtigen Flözen rentabel und wegen der geologischen Verhältnisse (Sand- und Kiesschichten im Hangenden) auch nur im Tagebau möglich trotz der hohen Kosten, die u.a. durch die Zerstörung von Siedlungen und die Umsiedlungen entstehen. Die
folgenden Stunden am 21.03., 26.03. und 28.03. fielen wegen anderer dienstlicher
Verpflichtungen des Fachlehrers aus bzw. wurden für die Rückgabe einer
Klassenarbeit genutzt. So konnte das Thema "Geologie der Braunkohle" erst in
der Doppelstunde am 02.04. fortgesetzt werden. Die SchülerInnen hatten folgende
Materialien erhalten, die als Hausaufgabe zu bearbeiten waren:
Wegen der langen Unterrichtsunterbrechung wurde die Stunde am 02.04. mit einer Wiederholung eingeleitet. Dazu wurden Karten zu Deutschland im Oligozän und Miozän projiziert (aus: E. Probst, Deutschland in der Urzeit. München 1999 S.249, 259) um die großräumigen Zusammenhänge zu verdeutlichen: Meerestransgression, mitteleuropäisches Grabensystem, das Stoff der Klassenstufe 11 gewesen war. Des weiteren wurde eine Folie des geologischen Profils der Niederrheinischen Bucht (s.o.) gezeigt, an der noch einmal die kleinräumigen tektonischen Prozesse und die Entstehung bzw. die Lagerungsverhältnisse der Braunkohle wiederholt wurden. Die eigentliche Aufgabe in der Doppelstunde war dann, die beiden Texte von A. Schäfer und V. Mosbrugger in eine tabellarische Übersicht umzusetzen, die vom Pleistozän bis zur Kreide reichte und Spalten zu Tektonik und Klima/Vegetation enthielt. Die Zeilenbreite der geologischen Epochen v.a. des Tertiärs variierte in der Tabelle je nach ihrer Zeitdauer. Um einen konkreten Bezugspunkt zu den angegebenen Klimadaten zu erhalten, wurden als Vergleichsgrößen die entsprechenden Daten des Schulortes Herborn ausgegeben:
Eine weitere sinnvolle Ergänzung wären aktuelle Klimadaten einer tropischen bzw. subtropischen Station gewesen, die den Temperatur- und Niederschlagsverhältnissen des Miozäns entsprechen. Die Unterrichtssequenz zur Geologie der Braunkohle stützte sich auf folgende Literatur, aus der auch die Arbeitsmaterialien (Karten, Diagramme, Texte) genommen wurden:
2.5 Energiepolitische Bedeutung der Braunkohle Mit der Behandlung der Geologie der Braunkohle waren nicht alle Fragen aus der Stunde vom 14.03. beantwortet worden. Noch offen waren die Fragen zur energiepolitischen Bedeutung der Braunkohle. Zu diesem Themenaspekt hatten die SchülerInnen Statistiken und Diagramme auszuwerten. Ziel war, die Energiesituation in Deutschland herauszuarbeiten, die deutsche Situation durch einen europäischen Vergleich schärfer ins Blickfeld zu bekommen und aus den statistischen Befunden Probleme zu erkennen. Vor dem Hintergrund der Demonstrationen gegen den Castor-Transport nach Gorleben, der gleichzeitig die Berichterstattung in den Medien beherrschte, konnten sowohl ein starkes Interesse als auch Problembewusstsein für diese Fragen unterstellt werden. Von den SchülerInnen waren folgende Statistiken und Diagramme in Partnerarbeit zu bearbeiten:
Im Mittelpunkt der Auswertung stand zunächst die Struktur des Energieverbrauchs in Deutschland. Die unterschiedlichen Entwicklungsreihen der einzelnen Primärenergieträger in der Nachkriegszeit spiegeln auch den Strukturwandel der deutschen Wirtschaft, der Gegenstand des Unterrichts bei der Erklärung der räumlichen Disparitäten in Deutschland gewesen war. In der gleichen Weise fand ein Rückbezug auf das Ruhrgebiet statt, das eine Gruppe bearbeitet hatte. Ein weiterer Unterrichtsschwerpunkt lag in der Diskussion der Importabhängigkeit auf dem Energiesektor, deren Problematik die Schülerinnen und Schüler v.a. im Zusammenhang mit internationalen politischen Krisen (v.a. Nahost-Krise) sahen. In diese Fragen wurde auch die Atomenergie einbezogen. Thema der Diskussion waren die (Nicht-)Notwendigkeit der Kernenergie, ihre Akzeptanz in der Bevölkerung, differenziert nach der Entfernung von AKWs bzw. dem Zwischenlager Gorleben, die Abwägung von Risiken/Umweltproblemen im Vergleich zu anderen Energieträgern, der Stellenwert der erneuerbaren Energien. Die energiepolitische Situation Deutschlands im Vergleich zu anderen europäischen Staaten wurde in der Weise herausgearbeitet, dass die entsprechenden Tabellen (s.o.) auf die Karten "Europa - Industrie/Energie" (Diercke Weltatlas S.120/121) aufeinander bezogen wurden. Die folgenden Stunden am 25.04. (berufskundliche Informationsveranstaltung für die Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 12) und am 30.04. (beweglicher Ferientag) fielen aus.
Am 07.05.2001 wurde zunächst eine 2-stündige Klausur zum Thema mit Aufgaben zu "Kriterien der Energiewahl" und "Ein schematischer Schnitt durch die Schichtenfolge des niederrheinischen Tertiärs" geschrieben (hier klicken). Die Teilthemen "Geologie" und "Energiesituation in Deutschland" hatten an Eigengewicht gewonnen und sich verselbständigt. Mit dem Wiedereinstieg nach der Unterrichtspause musste der direkte Bezug zum eigentlichen Projektthema wiederhergestellt werden. Diese Funktion erfüllten die beiden in ihren Aussagen kontroversen Texte
Der Text "Braunkohle in Europa" knüpfte zunächst an die energiepolitische Diskussion an. Im Kontrast zum zweiten Text rückte aber zum einen die ökologische Problematik stärker in das Blickfeld, zum anderen sollte wieder bewusst werden, dass das Thema nicht losgelöst von wirtschaftlichen, energie- und umweltpolitischen Interessen behandelt werden kann. Die Aussagen der beiden Texte wurden in einer tabellarischen Übersicht gegenübergestellt und verglichen. In einer ersten Auswertung stellten die Schülerinnen und Schüler folgende Unterschiede fest:
Dieses erste Ergebnis wurde im folgenden Unterrichtsgespräch ausdifferenziert und partiell korrigiert. Ansatzpunkt dafür war zum einen die erstaunte Frage eines Schülers, der von der RHEINBRAUN als unmittelbar interessierter Partei einen Text mit stärkeren Werbeappellen erwartet hatte. Zum anderen wurden aus den Textaussagen die Bedingungen von "Objektivität" diskutiert. Die Beurteilungsmaßstäbe ergaben sich aus folgenden Fragen:
Die Ergebnisse sind in der folgenden Übersicht festgehalten. Eingearbeitet ist ein weiterer Textvergleich:
Ziel dieser Ergänzung war, den Blick stärker auf die ökologische Fragestellung und die Rekultivierung der Braunkohlentagebaue zu richten. Damit sollten die Voraussetzungen gelegt werden, dass die Arbeit an den Satellitenbildern an einer übergeordneten Problemstellung orientiert und von entsprechenden Fragen der Kursteilnehmer geleitet werden kann.
Diese übersicht als Ergebnis der gemeinsamen Textanalyse erhielten alle Schülerinnen und Schüler. Sie bildete die Grundlage für den nächsten Schritt, der zunächst in einer kurzen Partnerarbeitsphase zu leisten war und dessen Ergebnisse dann im Kursplenum abgeglichen wurden: die Formulierung von Leitfragen/leitenden Gesichtspunkten, die die weitere Arbeit mit den Satellitenbildern steuern sollten. Ausgangspunkt war die Frage "Welche der hier angesprochenen (kontroversen) Aspekte sollen/könnten wir mit Hilfe von Satellitenbildern überprüfen?". Grundlage dieser Frage war die erste Begegnung der Schülerinnen und Schüler mit Satellitenbildern in der Doppelstunde vom 05.03.2001. Folgende Fragen wurden gestellt:
Zur Beantwortung der Fragen notwendige Arbeitsschritte wurden genannt:
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