Zwei leicht gekürzte Texte aus dem Topographischen Atlas von Bayern, 1969

1. K.Fischer: Der Alpenrand bei Murnau, zur Karte 122, Seite 254
2. E.Grötzbach: Das nördliche Ammerseegebiet mit dem Durchbruchstal der Amper bei Wildenroth, zur Karte 109, Seite 228

K.Fischer:
Der Alpenrand bei Murnau

Trichterförmig weitet sich das Loisachtal bei seinem Austritt aus den Alpen in das Vorland. Es durchbricht dabei als Quertal die kalkalpine Randzone, die Flyschzone und die schmale Zone des Helvetikums. An letztere schließt sich nördlich vom Murnauer Moos die gefaltete Molasse an. Diese ist in WO-streichende Muldenzüge, und zwar in die Murnauer Mulde, in der Staffel- und Riegsee liegen und in die Rottenbucher Mulde mit den Orten Eglfing, Spatzenhausen und Obersöchering gegliedert.

Die geologisch-tektonischen Einheiten zeigen charakteristische morphologische Merkmale, die in der verschiedenen Widerstandsfähigkeit der Gesteine gegenüber der Abtragung und in den Lagerungsverhältnissen ihre Ursachen haben. So zeigt die kalkalpine Randzone ganz im SO des Kartenblattes eine deutliche Gliederung in Ketten und Tiefenzüge, die mit der Streichrichtung verschieden harter Gesteinsserien zusammenhängen. In der Flyschzone, der die Erhebungen nördlich und nordöstlich von Ohlstadt und westlich der Loisach im Gebiet von Schwaigen angehören, herrschen wegen der zu Rutschungen neigenden tonigen Gesteine gerundete Bergformen vor. Sie sind meist waldbestanden und von zahlreichen, scharf eingerissenen, aber nicht sehr tiefen Gräben gegliedert. In der gefalteten Molasse kommt die verschiedene Widerstandsfähigkeit der Gesteine besonders gut zum Ausdruck, denn die grobklastischen Sedimente, Konglomerate und Sandsteine, bewirken, dass die südlichen und nördlichen Muldenränder, insbesondere bei der Murnauer Mulde, als Höhenzüge landschaftlich hervortreten und eine Schichtrippenlandschaft bilden. In Tonmergeln des Südrandes ist dagegen das Loisach-Längstal ab Hechendorf und im Muldeninneren der größere Teil der Seebecken von Staffel- und Riegsee ausgebildet. Diese Seen sind also nicht tektonischen Ursprungs, sondern in ihrer Anlage durch die Molassemulde vorgezeichnet und erosiv ausgestaltet worden.Ähnlich selektiv wie Flüsse und Denudation heute noch wirken, hat während der Eiszeit der Loisachgletscher, ein Zweig des Isargletschers, gearbeitet. Abgesehen davon, dass allgemein eine Zurundung der Gipfel bis gegen 1200 m erfolgte, die Talhänge zurückverlegt und die Talsohlen vertieft wurden, ist besonders im Murnauer Moos eine deutliche Härteauslese zu beobachten. Im Bereich der wenig widerstandsfähigen Flyschgesteine setzte eine starke Übertiefung ein, die harten Glaukonit-Sandsteine und Schrattenkalke der helvetischen Zone blieben dagegen als Rundhöcker stehen und ragen als Köchel in zwei parallel O-W-streichenden Zügen aus dem Moos auf. Im Bereich der gefalteten Molasse wurden die Tonmergel ausgeräumt und die Schichtrippenlandschaft wurde noch deutlicher herauspräpariert. Überhaupt sind alle Formen im N-Teil der Karte Skulpturformen der eiszeitlichen Abtragung oder Aufschüttung. So sind die vom Murnauer Stammbecken bzw. Murnauer Moos strahlenförmig auseinanderlaufenden Tiefenzüge von Aschau, Ramsach südwestlich Murnau, Achrain südöstlich Murnau und Schwaiganger Zonen bedeutenden Tiefenschurfs des Loisachgletschers. Zwischen ihnen liegen die meist von riß-würminterglazialen Ablagerungen gebildeten Sporne des Langen Filzes, von Hechendorf, von Weichs südlich Hechendorf und von Ohlstadt als Gebiete geringer Gletscherwirkung. Die gleiche Erscheinung wiederholt sich in der Murnauer Mulde, wo Staffel- und Riegsee, zumindest in ihren nördlichen Teilen, glazial geschaffene Wannen darstellen und zwischen den beiden Seen bzw. östlich des Riegsees und westlich des Staffelsees Grundmoräne in größerer Mächtigkeit abgelagert wurde und Hügelzüge bildet. Die Grundmoräne zwischen den Seen ist dabei zusammen mit darunter liegenden Schottern zu langgestreckten, aber flachen, SO-NW-streichenden Drumlins geformt worden.

Auch nördlich der Murnauer Mulde bildet Grundmoräne die Oberflächenformen. In sie greifen vom nördlichen Muldenrand ausgehend die Trockentäler von Eglfing und von Obersöchering ein. Sie sind im Spätglazial entstanden, als der Loisachgletscher bereits bis zur Murnauer Mulde, dem Uffinger Stadium, zurückgeschmolzen war. Der weitere Eiszerfall vollzog sich unter Bildung von Endmoränen und unter Abgliederung von Toteismassen, die beim Ausschmelzen Toteisformen hinterließen. Ein solches Endmoränenstadium befindet sich östlich Schwaiganger und Toteisformen nordwestlich Uffing und zwischen Ohlstadt und Schwaiganger.

Nach dem Freiwerden des Stammbeckens bildete sich in dem übertieften Mündungstrichter des Loisachtales der Murnauer See. Sein Spiegel lag bei 630-640 m, also 10-20 m höher als die heutige Moosoberfläche. Durch das Einschneiden der Loisach erfolgte allmählich eine Absenkung des Wasserspiegels. Es setzte auch die Einschüttung von Lockermassen aus den benachbarten Bergen ein. Die Kaltwasser- und Wetzsteinlaine bei Ohlstadt und die Bäche der Flyschzone im SW bauten große und steile Kegel gegen den See vor. Auch die Loisach schüttete einen ganz flachen Schwemmkegel nördlich von Eschenlohe auf. Durch den Absatz von Seeton und mit dem Vordringen der Vegetation kam es im Laufe von Jahrtausenden zur Verlandung des Murnauer Sees und zur Bildung des größten und mit über 15 m zugleich tiefsten Moores am bayerischen Alpenrand. Heute gibt es nur noch wenige kleine Seeflächen und eine Vielzahl kleiner, aber tiefer Grundwasserlöcher, die sogenannten Moosaugen oder Moosbrillen. Der übrige Teil des 32 qkm großen Mooses wird von Flachmooren, den Mösern, Hochmooren, den Filzen und Übergangsformen mit Spirken- und Fichtenwäldern bedeckt. Im südlichen Teil des Mooses ist die Oberfläche im allgemeinen fest, im Nordteil ist dagegen die Verlandung noch nicht vollständig erfolgt, denn es gibt noch große Gebiete mit den für Bayern einmaligen Schwingrasen aus Bleichmoosen und der Schnabelbinse.

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In den Dörfern im Umkreis von Murnau bewirtschaftet die Mehrzahl der bäuerlichen Betriebe Flächen zwischen 10 und 20 ha (1968!), wobei das Hauptgewicht auf der Grünlandwirtschaft und der Viehhaltung liegt. Die Siedlungen sind überwiegend Haufendörfer inmitten von Gewannfluren. Dies und das häufige Ortsnamensufix -ing zeigen, dass dieses Gebiet Altsiedelland ist. So wird Uffing am Staffelsee 740 als Ubingen erstmals genannt und im gleichen Jahre Wörth im Staffelsee als Frauenkloster gegründet. Wann und von wem dagegen Murnau gegründet wurde, ist unbekannt.


E.Grötzbach: Das nördliche Ammerseegebiet mit dem Durchbruchstal der Amper bei Wildenroth

Unter den großen Seen des Alpenvorlandes liegt der Ammersee am weitesten nördlich. Sein Becken wird im N von Jungendmoränenzügen umgeben, an die sich im NW flachere Altmoränen und im NO die Schotterfluren der Münchener Ebene anschließen. Die Amper, die den Ammersee entwässert, durchbricht den Jungmoränengürtel bei Wildenroth in einem Engtal und fließt in nordöstlicher Richtung durch die westliche Münchener Ebene.

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Der Pilsensee entwässert zum Ammersee, von dem er durch das flache Herrschinger Moos getrennt ist. Die mittleren Wasserspiegel beider Seen differieren nur um 1 m. Diese Verhältnisse zeigen an, dass der Pilsensee früher ein Teil des Ammersees war. Der Wörthsee, dessen mittlerer Wasserspiegel 27 m über dem des Ammersees liegt, erfüllt dagegen ein eigenes Becken. ... Er entwässert durch den Inninger Bach zur Amper.

Alle drei Seen sind eiszeitlicher Entstehung. Das Ammerseebecken wurde im wesentlichen durch die Erosionsleistung von Eis und subglazialen Schmelzwasserströmen des mehrmals vorstoßenden und zurückweichenden Ammerseegletschers geschaffen, der aus dem Loisachtal kam. Das Becken ist in den Tertiäruntergrund eingetieft, wie Aufschlüsse im obermiozänen Flinz bei Greifenberg, Eching und Herrsching zeigen. Dazu kam die aufschüttende Tätigkeit des Gletschers und seiner Schmelzwässer, die Moränen und Schotter von 10 bis 50 m Mächtigkeit hinterließen. Sie umschließen und überhöhen das Seebecken, das aus einem SN verlaufenden Stammbecken und dem nach NO gerichteten Zweigbecken des heutigen Pilsensees besteht.

Im Blattausschnitt sind mehrere, teils hintereinander gestaffelte, teils ineinander übergehende Moränenzüge zu erkennen. Die unruhigen Kuppen und die geschlossenen Hohlformen kennzeichnen sie als Endmoränen der jüngsten Vereisung, der Würmeiszeit. Der äußerste, meist niedrige und daher nur undeutlich ausgebildete Endmoränenzug, die "Schöngeisinger Endmoräne" verläuft vom Rauchenberg im NW über den nördlichen Fürstenfelder Wald bis etwas östlich von Wildenroth. Jenseits der Amper springt er scharf und sich verbreiternd nach NO vor. Gegen das Beckeninnere schließt sich die viel mächtigere und daher deutlicher zu verfolgende "Wildenrother Endmoräne" an, welcher der Zigeunerberg, der Sonnenberg, die höheren Hügel des Fürstenfelder Waldes und östlich der Amper Wolfszange und der Wall im Seefelder Wald angehören. Es folgt die "Grafrather Endmoräne", die sich vom Gollenberg südöstlich Türkenfeld über die flachen Hügel bei Pleitmannswang und nördlich Grafrath und, die Amper querend, über Unteralting-Martinsberg-Walchstadt-Steinebach bis zum Höhenberg erstreckt. Von diesen drei äußeren Endmoränen deutlich abgesetzt ist ein häufig als Doppelwall ausgebildeter Moränenzug im Innern des Beckens. Er führt bei Utting und Oberschondorf aus süwestlicher Richtung an das Seeufer heran und endet südwestlich Eching. Westlich Inning erscheint sein östlicher Flügel, der zwischen Ammersee und Wörthsee nach S zieht und den Wörthsee im S umschlingt.

Diese Endmoränen wurden während der Stillstandslagen des würmeiszeitlichen Ammerseegletschers abgelagert. So entspricht jedem länger anhaltenden Gletscherstand ein Endmoränenzug. Zwischen den Endmoränenwällen liegt meist flachwellige Grundmoräne, die um Etterschlag und Greifenberg im Kartenbild gut zu erkennen ist. Zwischen Unteralting und Mauern erstreckt sich ein Schotterfeld, das von den Schmelzwässern der Grafrather Endmoränenlage des Ammerseegletschers aufgeschüttet wurde. Nach dem Eisrückgang am Ende der Würmeiszeit nahm der Ammersee das gesamte Becken ein. Seesedimente und Strandterrassen lassen erkennen, dass der Seespiegel im Spät- oder Postglazial bis etwa 30 m höher lag als heute. Er wurde durch das Einschneiden der Amper in die Endmoränen zwischen Grafrath und Schöngeising tiefer gelegt. Seit dem Rückgang des Eises führten aber auch die Akkumulation von Feststoffen und das Vordringen von Wasser- und Sumpfpflanzen zur fortschreitenden Verlandung des Sees. So sind das Ampermoos und das Herrschinger Moos entstanden. Zur Abtrennung des Pilsensees vom Ammersee trug der große Schwemmkegel des Kienbaches bei, auf dem der Ortskern von Herrsching steht. Auch bei Seefeld und Eching (Windach-Bach) wurden solche Schwemmkegel in das Becken eingeschüttet, die den Pilsensee bzw. das Ampermoos einschnüren.

Mittelbar kommt das Relief auch in der Bewaldung zum Ausdruck. So sind die oft steilen Endmoränenwälle überwiegend von Buchen-Fichten-Mischwald bestanden. Die Schotterflächen im N und NO tragen dagegen meist einförmigen Fichenwald, der größtenteils Staatsforst ist.

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Die zahlreichen Ortsnamen auf -ing weisen darauf hin, dass die heutige Besiedelung des Ammerseegebietes im wesentlichen auf die bajuwarische Landnahmezeit (frühes 6.Jh.) zurückgeht. Dagegen treten die für die erste Ausbauperiode (um 800) typischen Siedlungsnamen auf -hausen und -hofen zurück. Vorherrschender Siedlungstyp war bis ins 19.Jahrh. das kleine Haufendorf. Nur die Pfarrdörfer und die Hofmarksitze hoben sich durch etwas bedeutendere Größe ab. Bis zu dieser Zeit war das Ammerseegebiet vorwiegend durch die Landwirtschaft bestimmt. Es gab zahlreiche Kleinbauern und Tagelöhnerdörfer wie Utting und Unterschondorf (Fischer), Kottgeisering und Wildenroth (Weber) und Schöngeising (Waldarbeiter). Mit dem Ausbau der modernen Verkehrsverbindungen und dem Wachstum Münchens änderten sich Struktur und Funktion des nördlichen Ammerseegebiets grundlegend. Bald nach Eröffnung der Ammerseeschifffahrt (1879) entstanden die ersten Landhäuser und Villen in den bis dahin ländlichen Orten Herrsching, Utting, Unterschondorf und Holzhausen. Nach dem Eisenbahnanschluss um die Jahrhundertwende gewann der Ammersee als Ausflugsziel und Badesee rasch an Bedeutung.

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Heute gibt es im nördlichen Ammerseegebiet nur mehr wenige überwiegend landwirtschaftlich bestimmte Orte. Dazu zählen Beuren, Mauern, Meiling, Drößling und Frieding sowie die wenigen Weiler und Einzelhöfe. In diesen Siedlungen herrschen zumeist mittlere bis große Betriebe vor. Fast im gesamten Kartenausschnitt überwiegt der Anteil des Grünlandes an der landwirtschaftlichen Nutzfläche gegenüber dem Ackerland. Die Gemeinden westlich des Ammersees verzeichnen Grünlandanteile von durchwegs über 60 %, die im O des Sees zwischen 50 und 70 %. Nach NO hin nimmt dagegen das Ackerland zu. Darin deutet sich der Übergang zur Münchener Schotterebene und zum Altmoränenland im N an, wo - unmittelbar nördlich des Blattausschnitts - der Grünlandanteil auf etwa 40 % sinkt.

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