Die Erstverarbeitung von Rohdaten
im Bodensegment

Bei der Fernerkundung mittels satellitengetragener Sensoren werden einzelne Flächenelemente des überflogenen Gebietes abgetastet, die gemessenen Signale digitalisiert, kodiert und per Funk zu einer Bodenstation übertragen. Am Boden werden die Daten empfangen, regeneriert und gespeichert. In einer Kette von verschiedenen datentechnischen Prozessen werden die akquirierten Messwerte konvertiert, aufbereitet und verarbeitet, bis sie in geeigneter, meist bildhafter Form für eine Interpretation zur Verfügung stehen. Dies erfolgt im sog. Bodensegement.

Nach dem Empfang der Daten werden in mehreren Durchgängen Systemkorrekturen, Eichungen und einfache geometrische Korrekturen (z.B. Korrektur der Erdrotation) durchgeführt. Einmal werden die Telemetrie-Daten des Satelliten (Selbsttests) ausgewertet. Dann findet auch ein Abgleich der Werte der unterschiedlichen Sensoren untereinander statt (z.B. werden Atmosphären-Infos als Korrekturparameter benutzt). Gelegentlich werden auch Informationen aus zeitgleichen Aufnahmen anderer Satellitensysteme eingearbeitet.
Als Ergebnis steht für die weitere Verarbeitung ein sog.
"systemkorrigierter" Datensatz zur Verfügung. Solch ein Datesatz umfasst bei Landsat eine Fläche von 185 x 185 km, eine sog. Szene.
Ein solcher Datensatz kann weiter veredelt werden, es entstehen Produkte verschiedener Verarbeitungs-Level.

Soll ein Datensatz z.B. mit topographischen Karten zur Deckung gebracht werden, so werden umfangreiche geometrische Korrekturen fällig. Sie erfolgen mittels Abbildungsfunktionen und Ausgleichsrechnungen. Dieses Resampling benutzt Passpunkte, die im Datensatz gut erkennbar sein müssen und deren genaue Lage über Karten ermittelt werden können. Je Datensatz werden häufig etwa 50 Passpunkte verwendet.

Gelegentlich wird auch die Endverarbeitung gleich beim Bodensegement durchgeführt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es sich um automatisierte (= operationalisierte) Vorgänge handelt. Beispiele: Temperaturauswertungen (SST, LST), NDVI-Berechnung, Ozonbestimmung, Wetterbilder fürs Fernsehen. 


Worin liegen nun eigentlich die Unterschiede zwischen Messungen aus dem Orbit und jenen am Erdboden? Was macht man mit Messwerten vom Erdboden, was kann man von diesen Techniken auch auf Messreihen aus dem Orbit übertragen?

Das Beispiel Temperaturmessung soll die Probleme der Fernmessung erschließen.

Eine Einzelmessung mit dem Thermometer ist völlig wertlos, zumindest ein Bezugssystem ist zum Verständnis notwendig. 37°C Körpertemperatur oder Lufttemperatur, das ist ein gravierender Unterschied.
Eine
Messreihe im Verlauf eines Tages zu jeder Stunde gibt schon mehr Information: Wie ändert sich die Lufttemperatur im Laufe des Tages, wie stark spielt die Sonne mit, auch bei bestehender Bewölkung? Jeder einzelne Messwert erhält durch seine "Nachbarn" einen besonderen Stellenwert: wurde es wärmer oder kälter?
Im Klimadiagramm ist der nächste Schritt gemacht: Wie verändert sich die mittlere Tagestemperatur im Laufe eines Jahres? Wie ausgeprägt sind die Jahreszeiten?

Das Problem mit der Temperaturmessung ist aber noch viel größer: Die "Geographie" des Messwertes spielt eine entscheidende Rolle: Zimmertemperatur oder die Temperatur im Wald, auf einem Acker, im Moor, da gibt es für einen Zeitpunkt extrem unterschiedliche Werte.
Merke:
Die Temperatur ist eine Zustands-Eigenschaft von festen, flüssigen und gasförmigen Körpern.
Getrennte Messreihen könnten die Besonderheiten der "Geographie" ans Licht bringen:
- 5 cm im Boden und 200 cm über dem Boden (Wetterhütte) jeweils zur vollen Stunde
- in 120 cm Höhe (Ablesehöhe) auf dem Schulhof, am Teichufer, im Wald, im Moor, auf einem Acker
- in 120 cm Höhe (Ablesehöhe) in S- oder N-Hanglage bei gleichem Bewuchs
- in 500m, 600m, 700m, 800m, 900m Meereshöhe bei jeweils gleicher Exposition und möglichst gleicher Vegetation

Erst ein Vergleich dieser Messreihen eröffnet den richtigen Blick für die Temperaturmessung aus dem Orbit. Der Sensor im Satellit misst die Wärmestrahlung, die von der Oberfläche eines Objekts in der Landschaft ausgeht. Das kann der durch die Sonne aufgeheizte Erdboden sein, das kann ein durch Verdunstung gekühltes Blatt sein, das kann die aufgeheizte Teerdecke einer Straße sein, das kann aber auch die kalte Oberfläche einer hohen Wolke sein.
Die Lufttemperatur in 2 m Höhe im Wetterhäuschen sieht der Satellitensensor sicherlich nicht. Doch den Wärmezustand der Objekte der Erdoberfläche sieht er wesentlich besser als das Thermometer im Wetterhäuschen. Dazu kommt noch der riesige Vorteil, dass der Sensor die ganze Fläche abtastet. Er sieht die "Möblierung" der Landschaft als einzelne Strahler, so wie man im dunklen Zimmer einen warmen Ofen orten kann.

Temperaturbild K6 Landsat Sept. 1999 ZUK
Die originalen Oberflächentemperaturen gemessen von Landsat 7
am 14.8.2000 in den Loisach-Auen,
beim Überfahren mit der Maus zeigt sich eine aufbereitete
Temperaturkarte: rot = warm, blau = kühl

Zum Verständnis braucht man hier eine Karte,
aus ihr sind die Objekte der Landschaft teilweise zu entnehmen:
Wald, Moor, See, Siedlungen = Straßen, Wiesen

topographische Karte ZUK

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